25 April 2024

Fajã Fernandes

Was für ein phantastischer Tag, welch eine tolle Wanderung! Ich weiß nicht mehr genau, wie lange ich an dieser Tour gepuzzelt habe: zur Fajã Fernandes als Runde 

Es muss schon mindestens vier Jahre her sein, dass ich einen Track der Gruppe Caminheiros do Barreto das Orelhas entdeckt hatte, der von Ribeira Grande am Fluss entlang Richtung Boca da Encumeada verlief. Eigentlich unbrauchbar als Track, weil nur ein wildes Krickelkrakel, aber gut genug, um eine neue Sehnsucht zu entfachen. Der erste Versuch den Weg über einen Einstieg von den Casinhas da Laurissilva zu finden, war zwar aufschlussreich, was die Region rund um die Casinhas betraf, - wir entdeckten zwei unbekannte Levadas und einen sehr schönen Wasserfall - aber leider mussten wir genauso nach Ribeira Grande zurück, wie wir gekommen waren - über den nur mäßig interessanten PR 21. Beim zweiten Mal - mit Quereinstieg direkt bei den Casinhas - erreichten wir wenigstens die Fajã Fernandes, konnten uns aber nicht entschließen in irgendeine Richtung, rauf oder runter, mit ungewissem Ausgang zu steigen. Den dritten Versuch, zumindest die Fajã Fernandes etwas genauer zu erkunden, unternahmen wir im Dezember 2023 ab Chão dos Louros. Das war schon ziemlich spannend und auch nicht ganz einfach mit der Orientierung, aber wir trafen letztendlich auf den bekannten Weg zu den Casinhas. Nebenbei entdeckten wir auch eine Spur, die am Bach entlang hinunter nach Ribeira Grande führen könnte. Weil der Zugang zur Fajã Fernandes über die Casinhas mittlerweile durch Stacheldraht bewehrte Zäune versperrt ist. bleibt also für eine Rundtour nur noch der Zugang über die ursprüngliche Möglichkeit ab Ribeira Grande und weiter bis Chão dos Louros - und genau das wollten wir heute, an diesem himmelblauen Apriltag versuchen.

Ribeira Grande wird derzeit aufgehübscht, die abgelegene Siedlung in einem São Vicente Nebental bekommt gerade eine neue Fahrbahndecke, etliche der verfallenen Häuschen werden wieder hergerichtet. Eingezwängt zwischen zwei Bergrücken kommt das Dorf bei Sonnenschein nun sehr idyllisch daher. Wir stellen unser Auto am Ende der Straße an der Bushaltestelle ab - nicht die beste Idee, denn hier müssen die Bewohner parken. Also besser man fährt gleich vor den ersten Häusern links den Caminho da Ribeira Grande ein Stück hoch, denn man muss ja sowieso noch ein Stück auf der Straße am Dorf vorbei. 

Die Straße endet kurz nach der Brücke über die Ribeira Grande und weiter geht es auf dem Caminho do Cascalho da Ribeira Grande. Ein schöner Weg entlang des Bachs durch kleine Weinterrassen bis zu den Ruinen von Cascalho. 



die Ruinen von Cascalho



Eine Levada, die hier gefasst wurde, und teilweise über Rohre weitergeleitet wurde, ist stillgelegt. Der Weg, der vermutlich mal am Bach entlangführte, ist ebenso nicht mehr sichtbar. Wir stiegen also ins Bachbett hinunter mit der Idee, dass wir den Weg irgendwann wiederfinden. Manchmal sah es tatsächlich danach aus, aber spätestens nach wenigen Metern war kein Durchkommen mehr oder einfach nichts mehr da. Der Bach scheint sich manchmal sehr wild zu gebärden und alles mitzureißen, was das Wasser aufhalten könnte. Mit der Einsicht, dass es keinen Weg gibt, bleiben wir also im Bachbett. Das geht eigentlich ziemlich gut, die einzige Herausforderung ist, mit trockenen Füßen durchzukommen. Es gibt zum Glück keine Wasserfälle, die nicht umgangen werden können.


ab hier ist der Weg zu Ende - Abstieg zum Bach 

vermutlich wurde hier das Levadarohr gehalten







Nicht ganz ohne ist allerdings die künstliche Staustufe. Hier brauchte ich für die glitschige 1,50 m hohe Mauer eine "Räuberleiter", Piet musste es ohne schaffen. Manchmal wären wir gerne ein Stück größer.


zwei Trittsteine dienen als Aufstiegshilfe

Nach dem Zusammenfluss der Ribeira Grande (geradeaus) mit zwei weiteren Bächen bleiben wir ganz links, werden aber mit reichlich querliegenden Bäumen im Bach ziemlich aufgehalten. Wir probieren einen Ausstieg am linken Ufer. Es ist hier relativ flaches Gelände und wir gehen ein Stück weglos parallel zum Bach. Wo der Bewuchs dichter wird, gehen wir wieder im Bach weiter bis wir zur nächsten Staustufe kommen. Diese können wir rechts umgehen und sind damit auf dem bekannten Weg zur Fajã Fernandes. Für diese 4 km ab Ribeira Grande brauchten wir etwa 2 Stunden!


hier könnte ein Ausstieg sein - wir versuchen es weiter im Bach 

dieses Gelände war für einen Ausstieg besser geeignet


die ersten Mauern der ehemaligen Terrassen

die große Bachverbauung

Die Fajã Fernandes ist ein verzauberndes Waldstück, vor Jahrzehnten noch kultiviert, was noch an etlichen Steinmäuerchen erkennbar ist. Etliche Bäche und Rinnsale durchziehen das Gelände. Wege oder Spuren gibt es zahlreich, nicht einfach den richtigen Weg zu finden. Das passiert uns auch, obwohl wir erst vor einigen Monaten hier waren: wir wandern in völliger Kontemplation durch dieses Wäldchen, einem eindeutigen Weg folgend. Bis mir irgendwann klar wird, dass ich ja mindestens einen dieser besonderen Bäume hätte wieder erkennen  müssen. Also ein Blick auf den Track vom Dezember (als wir von oben kamen) - verkehrt!  wir sind mehr als 500 m in die falsche Richtung traumgewandelt. (Wohin der schöne Weg führt muss irgendwann erkundet werden, heute gab es keine weiteren Experimente.)



hier wäre unser Abzweig gewesen, eigentlich ja recht eindeutig, oder?



Baum und Fels - unzertrennlich

Baumheide und Lorbeer in inniger Umarmung

Nach der Umkehr finden wir den Abzweig ohne Probleme, und da sind sie auch schon die Bäume, an die ich mich gut erinnern kann: uralte Lorbeer-Ruinen






Der richtige Aufstieg ist garnicht gemütlich, im Gegenteil. In engen Serpentinen führt er sehr steil den Hang hinauf, und oben wartet die Traverse in einer fast senkrechten, dicht bewachsenen Wand. Hier wäre eine einfache Seilsicherung wünschenswert. Es sind etwa 50 Meter, wo sperriges Gestrüpp, den ohnehin sehr schmalen Pfad bedrängt. Das geht nicht ohne Blessuren, weil ich beherzt ins Gebüsch greife, um mir Platz zu schaffen.



Sobald wir die Schlucht im Wasserlauf queren können, wird es wieder schön und die Wegführung weniger anspruchsvoll. Nach der nächsten Bachquerung finden wir uns an einer verfallenen Levada wieder, die wir verfolgen, bis wir auf den offiziellen Chão dos Louros-Wanderweg treffen. 


entlang der verfallenen Levada


Chão dos Louros

Wir nehmen rechts den kurzen Weg zum Picknickgelände und gehen ein Stück die Straße runter bis wir auf den Abstieg PR 21 nach Ribeira Grande treffen. Hier ist bereits für den MIUT geflaggt, der am Wochenende stattfinden wird. Nach den interessanten, alten, wilden Wegen ist dieser Wanderweg sehr ernüchternd. Wie so viele offizielle Wanderwege ist er kaputt gebaut und in ungepflegtem Zustand. Wir hätten schon erwartet, dass man den Läufern einer so symbolträchtigen Veranstaltung die Wege etwas besser präpariert. 

PR 21 mit MIUT-Fähnchen

Ribeira Grande

Fazit: die Runde ist bei stabilen Wetterbedingungen ein Traum. Wer sich in der Region nicht auskennt, sollte jedoch einen Guide buchen. Die Möglichkeit, sich zu verlaufen ist groß, und die Gefahr, sich zu verirren, nicht zu unterschätzen.

Höhendifferenz: ↗↘ 640 m

Gehzeit: 4 h 50

GPX: https://de.wikiloc.com/routen-wandern/ribeira-grande-faja-fernandes-chao-dos-louros-pr-21-168517064








21 April 2024

Rund um Porto Moniz

Ribeira da Janela - Lamaceiros - Levada do Moinho - Santa - Caminho do Pico - Porto Moniz - Estrada Antiga - 11,5 km


Seit sechs Monaten, als im Oktober die tagelangen, verheerenden Feuer von Südwest nach Nordwest zogen und Porto Moniz einkesselten, konnten wir uns nicht mehr zu einer Wanderung in dieser Region durchringen. Es war also Zeit mal wieder dort herumzustreifen. 

Wir wollen unser Auto auf dem Parkplatz an der Mündung der Ribeira da Janela abstellen, doch dieser ist gesperrt und entsprechend gibt es ein kleines Park-Chaos - wie überall auf der Insel, wo es was Schönes zu sehen gibt. Irgendwie können wir unser Fahrzeug noch an den Straßenrand quetschen, und mit ein paar Schritten sind wir auch schon raus aus dem Tumult. Über die Vereda do Barro gehen wir durch die Weinhänge, die glücklicherweise zum größten Teil vom Feuer verschont geblieben.








ehemalige Proteen-Plantage

Die landschaftliche Szenerie wechselt beständig von Trostlosigkeit zu üppigem Grün und blühenden Wiesen. Die ehemalige Königs-Proteen-Plantage ist ziemlich verwahrlost, die Sträucher scheinen verbrannt zu sein, aber viele treiben wieder neu aus. 




Entlang dem Druckrohr gehen wir bis zum Speicherbecken von Lamaceiros und dann rechts weiter an der verrohrten Levada do Moinho. Im Ort Lamaceiros statten wir der kleinen Kirche einen Besuch ab, dann gehts über die Felder zur offenen Levada. Es immer wieder verwirrend wie viele Verzweigungen und Ableitungen und Speicherbecken und Wassertanks sich entlang dieser Levada aneinander reihen. Manchmal ist der Weg so zugewachsen, dass wir auf die Straße ausweichen müssen, manchmal wird die Levada zum Bach. 

selten: ein australischer Teebaum




Am Caminho dos Moinhos entschließen wir uns zum Abstieg nach Santa. Über diesen Weg gelangen wir zur ER 101 und direkt zur Bar/Restaurante Armando. Würden wir uns hier einen Prato do Dia (Mittagstisch) genehmigen, könnten wir vermutlich nicht mehr laufen (so üppig sind hier die Tellergerichte!). Ein Bica tut es auch, gegessen wird beim nächsten Miradouro!

Um zum Caminho do Pico und damit zum Abstieg nach Porto Moniz zu kommen, müssen wir durch ein kleines Eukalyptuswäldchen, wo wir nochmal das ganze Ausmaß der Brände zu spüren bekommen. Hier ist wirklich alles schwarz - bis auf Tausende von Eukalyptus-Sprösslingen, die wie Bodendecker die verkohlte Erde blaugrün überziehen. 

Der historische Pflasterweg - Caminho Real 23 - hat auch ziemlich gelitten, vorallem durch kleinere Abgänge von Erde und Steinen. Er ist jedoch recht gut bereinigt, wohl weil er neuerdings eine offizielle Trailrunning-Trainingsstrecke ist. Wir begegnen einem Läufer und zwei Wanderern. Ab den ersten Häusern am Caminho da Pedra Mole kann man den Wegweisern zur Trailstrecke folgen und kommt auf kleinsten Treppenwegen bis zu den Piscinas Naturais.

große Bestände von Hakenlilien am Caminho do Pico


Sargasso-Algen treiben vor Porto Moniz





Porto Moniz ist wie immer voll mit Bussen und flanierenden Senioren, die Piscinas Naturais sind mäßig besucht, auf den Lavafelsen am Cachalote jedoch turnen die übermütigen Touristen herum. Kein Ort zum Verweilen. Zum Glück ist die alte Küstenstraße immer noch gut begehbar, wenn auch stellenweise mit reichlich Steinbrocken übersät. Im Steilhang zum Meer werden weiterhin einige Feldterrassen bewirtschaftet. 







Fazit: eine einfache und sehr abwechslungsreiche Rundtour, die trotz der Brandschäden schöne Impressionen vermittelt

Gehzeit: 3 h 30

Höhendifferenz: ↗ ↘ 620 m